Beratungslehrer an der Mittelschule (von Claudia Haas)

„Das weiß sicher der Beratungslehrer. Frag doch mal den Beratungslehrer“, das ist oft die Antwort, wenn Schüler, Lehrer, Eltern, Schulleitungen oder schulische Kooperationspartner nicht weiter wissen. Die Erwartungen an die Beratenden an der Schule und besonders an die Beratungslehrkräfte sind hoch. Schullaufbahnberatung, Einzelfallhilfe und Beratung von Schule und Eltern in weitreichenden Fragen von Bildung und Berufsorientierung sind die Kernaufgaben der Beratungslehrkräfte.

Früher gab es die Volksschulen von der ersten bis zur neunten Jahrgangsstufe. Diese wurde dann gegliedert in Grund- und Mittelschulen. Vor dem Hintergrund dieser Volksschultradition wird verständlich, dass hier die Beratungslehrer für beide Schularten und für mehrere Schulen zuständig sind, wobei die Arbeit mit und an der Mittelschule besondere Schwerpunkte hat:

Aufgabenfelder

Einen großen Raum nehmen hier die Infoabende ein:

  • Die Beratungslehrkraft wirkt an den 4.-Klassinfoabenden mit und stellt in diesem Rahmen die Mittelschule als eine berufsorientierte Schule vor.
  • In der 5./6.Jahrgangsstufe wird über die Durchlässigkeit des Schulsystems und die Wege mit der Mittelschule zum Mittleren Schulabschluss informiert
  • Ab der 8.Jahrgangsstufe wirkt die Beratungslehrkraft bei den Berufsinformationsabenden im Hinblick auf die schulischen Anschlüsse mit.
  • Je nach Region findet Beratung von Schülern und Schülerinnen statt, wie sie, obwohl sie die Pflichtschulzeit erfüllt haben, zu einem Schulabschluss kommen können.
  • Die Beratungslehrkräfte organisieren Infoabende zu den Schulabschlüssen oder zur Praxisklasse
  • In Kooperation mit dem Elternbeirat, JaS oder anderen Beratungsinstitutionen organisieren sie auch Elternabende zu aktuellen schulischen und pädagogischen Themen

Anlässe für Einzelfallhilfe:

  • Diagnostik, grundlegende Informationen und Interventionen bei Schulleistungsproblemen
  • Beratung und Anbahnen von Unterstützung im Hinblick auf vermuteten Förderbedarf, bei psychischen Problemen
  • Schulrechtliche Information: Nachteilsausgleich/Notenschutz, Schulartwechsel, Wechsel des Bundeslandes, Wechsel aus einem anderen Staat
  • Bildungswege planen in die Zukunft
  • Unterstützung und Beratung bei der Berufsorientierung
  • Einstufung von SchülerInnen, die neu in das bayerische Schulsystem wechseln, besonders von Migranten und Flüchtlingen

Zusammenarbeit mit ...

  • Schulpsychologen und Beratungslehrkräfte aller Schularten
  • Mobilen sonderpädagogischer Diensten (allgemeiner, Sehen, Hören, Körper, Autismus, emotional-sozial)
  • Einrichtungen der Jugendhilfe im Hinblick auf Unterstützung im schulischen Bereich, Hilfe zur Erziehung und Teilhabe
  • Schulleitungen, Schulamt bei Einzelfällen und pädagogischen Konzepten
  • Jugendsozialarbeit an Schulen sowie Schulsozialpädagogen
  • Ärzte und Therapeuten
  • zahlreiche Beratungsstellen, die Kinder und Jugendliche und ihre Eltern auf ihrem Weg begleiten

Je nachdem wie sich die Beratungslehrkraft weitergebildet hat, bietet sie auch

Lerncoaching, Fallbesprechungsgruppen etc. an

Die Herausforderungen

Die größte Herausforderung ist hier die Zeit, denn die fehlt:

Gegenwärtig erhält eine Beratungslehrkraft eine Anrechnungsstunde pro 185 SchülerInnen. Die Anzahl der Ratsuchenden wird jedoch immer größer und die Frage- und Aufgabenstellungen werden immer komplexer, die koordinierenden Aufgaben nehmen zu. Zeit ist auch notwendig für Planungen und die Nachsorge, so dass die Nachhaltigkeit der Beratung gewährleistet ist und bleibt. Teamsitzungen, Fortbildung, Weiterbildung, Supervision und Treffen über die Schularten hinaus müssen dabei genauso abgedeckt sein, wie die Dokumentation und die begleitenden Gespräche mit Eltern, Lehrkräften und anderen Institutionen. Es gilt zunehmend Übergänge zwischen den Schularten zu ermöglichen und zu begleiten. Gleichzeitig muss eine Vernetzung und Kooperation mit allen Beratungseinrichtungen der Jugendhilfe gegeben sein.

Dies ist nicht mehr mit einer Anrechnungsstunde pro 185 SchülerInnen zu bewältigen – hier muss über eine andere Bemessungsgrundlage nachgedacht werden.


Die strukturellen Rahmenbedingungen brauchen Standards. Dazu zählt eine den Erfordernissen entsprechende infrastrukturelle Ausstattung des Beratungszimmers. Eine zeitnahe und kommunikationstechnische gute Erreichbarkeit sind wichtige Qualitätsindikatoren.


Nachdem es an Schulen immer mehr Ansprechpartner und Berater gibt, ist es denkbar, dass der Beratungslehrer hier eine Schlüsselfunktion einnimmt und verantwortlich ist für das Beratungskonzept und ein damit verbundenes multiprofessionelles Team.

Bei den anderen Schularten ist die Beratungslehrkraft an eine Schule gebunden. Im Mittelschulbereich ist es denkbar, dass es pro Mittelschulverbund eine mit Stunden gut ausgestattete Beratungslehrkraft gibt, die hier koordinierende Aufgaben übernimmt und so eine Funktionsstelle neben Rektor und Konrektor innehat.

Ein Kommentar zu “Beratungslehrer an der Mittelschule (von Claudia Haas)